Berliner Kunstgriff
09.05. - 15.05.17

9. Mai 2017 • Text von

Noch immer geschlaucht von zu viel Wein, Bussi-Bussi und Small-Talk, den die Vernissagen des Gallery Weekends so mit sich bringen? Wir schaffen Abhilfe: Bei Vorträgen und Performances muss man weder reden noch trinken.

Birgit Brenner, Vaterland, 2016  Pappelsperrholz, Tusche, Schweißdraht, Eisendraht, Polymerwachs, Heißkleber 195 x 220 x 47 cm  Courtesy EIGEN + ART Leipzig/Berlin; © VG Bildkunst© VG Bildkunst, Bonn; Fotograf: Roman März

Birgit Brenner, Vaterland, 2016, Courtesy EIGEN + ART Leipzig/Berlin; © VG Bildkunst© VG Bildkunst, Bonn; Fotograf: Roman März

Im Haus am Waldsee läuft bereits seit Anfang März eine umfangreiche Gruppenausstellung zeitgenössischer Künstler, die sich mittels diverser Medien mit Franz Marcs verschollenem Gemälde „Der Turm der blauen Pferde“ von 1913 auseinandersetzen. Dabei erfolgt die Herangehensweise der gezeigten Positionen auf unterschiedlichsten Ebenen: Dem ikonischen Werk wird nicht nur formal-ästhetisch nachgespürt, sondern vor allem die Bedeutung seines Verschwindens wird infrage gestellt. Neue Formen der Deutung des einst als „entartet“ geltenden, expressionistischen Schlüsselwerks des Blauen Reiters werden vorgeschlagen, denn somit soll auch einem Verschwinden aus dem kulturellen Gedächtnis entgegengewirkt werden. Die Ausstellung ist insofern grundlegend politisch, als dass sie das ideologisierte Kunstverständnis der nazideutschen Kulturpolitik erneut – mit Blick auf das Jetzt – an den Pranger stellt. Zugleich spricht sie eine subtile Warnung an die mächtigen Institutionen von Heute aus. Das Thema „Verlieren, Vermissen, Vergessen“ liefert viel Stoff für Diskussion, daher veranstaltet das Haus am Waldsee am Donnerstag, den 11. Mai, einen Vortragabend im japanischen Pecha Kucha Format: Jeder Redner hat für 20 Folien je 20 Sekunden Zeit, um sein Anliegen zu erläutern.

WANN: Die Veranstaltung am Donnerstag, den 11. Mai, beginnt um 19:30. Hier mehr Infos.
WO: Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, 14163 Berlin.
WAS: Der Eintritt kostet 7 Euro, 5 Euro ermäßigt. Eine Anmeldung ist nicht nötig – einfach vorbeischauen!

Tom of Finland Untitled (California Men ’84), 1984 Vorzeichnung / Preparatory drawing Bleistift auf Papier / Pencil on Paper 30 x 23,5 cm Courtesy of Miettinen Collection Photo: Nick Ash

Tom of Finland, Untitled (California Men ’84), 1984, Vorzeichnung, Courtesy of Miettinen Collection Foto: Nick Ash

Der Name „Tom of Finland“ müsste den Meisten ein Begriff sein. Stählerne, glatte Männerkörper mit markanten Gesichtern und riesigen Penissen kommen in den Sinn, gerne auch mal in Cowboystiefeln oder der hautengen Uniform irgendeines offiziellen Amtes. Flagrante, homosexuelle Sexszenen voller unerwarteter, rührender Zärtlichkeit. Ja, die homoerotischen Fetischzeichnungen sind heute allseits geläufig, weniger bekannt ist jedoch ihr Urheber, der sich hinter dem Pseudonym versteckt: Touko Laaksonen. Ein gemeinsames Ausstellungsprojekt des Salon Dahlmann und der Galerie Judin soll dies ändern, und das private Leben sowie die künstlerische Entwicklung des Werbegrafikers mit sozialpolitischer Wirkungsmacht ans Licht bringen. Am Samstag, den 13. Mai, wird Tom of Finland“ unter Trommelwirbel verabschiedet: Um 16 Uhr findet ein abschließendes Gespräch zwischen der Kuratorin Susanna Luoto und Durk Dehner, dem Präsidenten der Tom of Finland Stiftung statt. Anschließend gibt es ein Filmscreening und Musikeinlagen von dem internationalen Techno-Star DJ Hell.

WANN: Das Gespräch beginnt am Samstag, den 13. Mai, um 16 Uhr, ab 17 Uhr geht es dann weiter mit der Finissage.
WO: Salon Dahlmann, Marburger Straße 3, 10789 Berlin.

Discoteca Flaming Star, Sticky Stage, Performance at SBC Gallery of Contemporary Art, Montreal, 2016, Photo: Alex Robichaud

Discoteca Flaming Star, Sticky Stage, Performance at SBC Gallery of Contemporary Art, Montreal, 2016, Photo: Alex Robichaud

„Discoteca Flaming Star“ ist ein Berliner Kollektiv interdisziplinär arbeitender Künstler, das sich weniger durch seine Resonanzen als durch seine Dissonanzen definiert. Entsprechend bunt zusammengewürfelt ist daher auch ihr Programm bei DISTRICT Berlin: Für ihre dortige Installation „Sticky Stage“ haben sie mittels Film, Postern, Stoffbannern, Skripten und Gedichten eine dystopische Landschaft kreiert. Diese setzt sich aus unterschiedlichen, für die Mitwirkenden bedeutsamen Schauplätzen von Madrid über Rom bis nach Athen zusammen. Es geht um Widerstand und politischen Aktivismus, um die Neuentdeckung historisch relevanter Örtlichkeiten und um die Infragestellung des kollektiven Gedächtnisses und eine Neuinterpretation von Vergangenem. Daher wird auch zur Eröffnung der Ausstellung am Sonntag, den 14. Mai, der Film „The Rehearsal“ gezeigt: Ein spontan entstandener Low-Budget-Film zweier Amerikaner von 1974, der in Solidarität zur damaligen pro-demokratischen Bewegung in Griechenland gedreht wurde und in seiner Arbeitsweise eine wichtige Referenz für „Discoteca Flaming Star“ darstellt. Themen wie Erinnerung, Schlaf und Empathie als künstlerische Strategie sind beiden Künstlergruppen gemein. Diese werden auch in einer 14-stündigen Performance am Samstag, den 20. Mai, aufgegriffen. 

WANN: Am Sonntag, den 14. Mai, wird ab 19 Uhr gescreent und eröffnet. Das weitere Programm von „Sticky Stage“ findet ihr hier.
WO: DISTRICT Berlin, Bessemannstraße 2-14, 12103 Berlin.

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