Berlin Art Week Special
19.-26.09.17

19. September 2017 • Text von

Es ist eine Lüge, dass die Berlin Art Week nur eine Woche dauert. Offiziell sind es nur vier Tage, an denen sich die Kunstwelt in der deutschen Hauptstadt versammelt. Gefühlt eröffnet seit mehr als zwei Wochen eine Ausstellung nach der anderen. Deshalb ist dieser Kunstgriff gleichzeitig ein Rückblick auf die Veranstaltungen der letzten Woche und eine Empfehlung für die kommenden Monate.

Harun Farocki: Mit anderen Mitteln – By Other Means, Ausstellungsansicht Neuer Berliner Kunstverein, 2017. © Neuer Berliner Kunstverein / Jens Ziehe.

Auf dem schmalen Bürgersteig an der Chausseestraße stehen die Menschen dicht an dicht, in den Ausstellungsräumen versperren Videomonitore und Leinwände den Weg. Am vergangenen Mittwoch eröffnete die Ausstellung „Harun Farocki: Mit anderen Mitteln – By Other Means“ im Neuen Berliner Kunstverein. Farocki war mehr als nur einer der wichtigsten Dokumentarfilmemacher unserer Zeit, mit seiner künstlerischen Praxis ebnete er den Weg für Generationen von Künstler*Innen, die sich kritisch mit Bildern aus Film und Fernsehen auseinandersetzen und die darin transportieren Machtstrukturen unserer Gesellschaft hinterfragen. In Kooperation mit dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst, dem Harun Farocki Institut, der Harun Farocki GbR, Savvy Contemporary und dem Silent Green Kulturquartier initiierte der n.b.k. die erste umfassende Retrospektive des Künstlers. In den hauseigenen Ausstellungsräumen sind vor allem installative Arbeiten von Farocki zu sehen, während das Arsenal bis November sein filmisches Gesamtwerk zeigt und Savvy Contemporary in einer Gruppenausstellung dessen künstlerische Erben versammelt.

WANN: Die Ausstellung im n.b.k. ist noch bis zum 28. Januar 2018, jeweils Dienstag bis Sonntag von 12–18 Uhr, und am Donnerstag von 12–20 Uhr, zu sehen.
WO: Neuer Berliner Kunstverein, Chausseestrasse 128/129, 10115 Berlin. Details zum gesamten Programm der Retrospektive hier.

Bruce Nauman: Galerie mit Bleistift, 1974. Courtesy of the artist and Konrad Fischer Gallery.

Mit Ausstellungen in Düsseldorf und Berlin feiert die traditionsreiche Galerie Konrad Fischer ihr 50jähriges Bestehen. Im Oktober 1967 eröffneten die Eheleute Dorothee und Konrad Fischer mit einer Ausstellung von Carl Andre ihre Galerie in Düsseldorf. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Minimal Art in Amerika bereits eine breite Anhängerschaft gefunden, während sie in Europa noch weitestgehend unbekannt war. Im geteilten Deutschland wurde die Galerie schnell zur erste Adresse für Minimal Art und Conceptual Art und repräsentierte neben Carl Andre auch Richard Long, Bruce Nauman, Sol LeWitt, On Kawara, Lawrence Weiner, Hanne Darboven und Robert Ryman. Bis heute werden die Werke dieser inzwischen der Kunstgeschichte angehörenden Künstler*Innen bei Konrad Fischer gezeigt. In einer nicht-globalisierten Welt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts luden die Fischers amerikanische Künstler ein, beherbergten sie in ihrer Wohnung und verhalfen ihnen so zu weiteren Ausstellungsmöglichkeiten in Europa. Herzstück der Berliner Schau ist eine Zeichnung von Bruce Nauman, eine farbige Skizze des Neonschriftzugs, der die Außenwand der Galerie in Düsseldorf zieht: „Galerie mit Bleistift Fischer“

WANN: Die Ausstellung „50 Years of Konrad Fischer Galerie 1967 – 2017“ ist noch bis zum 24. Novmeber, jeweils von Dienstag bis Samstag, von 11 bis 18 Uhr zu sehen.
WO: Konrad Fischer Galerie, Lindenstrasse 35, 10969 Berlin. Infos online.

Eröffnung der Galerie, 1967. Courtesy of Konrad Fischer Gallery.

Unter dem Titel „Runter von dem Marmorklippen“ versammelt die Galerie KWADRAT eine Reihe namenhafter Berliner Künstler*Innen, die einen Statusreport zu Beziehung von Kunst – insbesondere Skulptur – und Leben abgeben sollen. In Tradition von Christoph Schlingensief und Joseph Beuys erklärt die Schau Kunst zu einem Instrument, um die Krisen der Gesellschaft nicht nur darzustellen, sondern auch zu beeinflussen. Obwohl die Ausstellung sich fernab des Elfenbeinturms verortet, dominieren bunte Keramiken, ein poliertes goldenes Klettergerüst und kunstvoll arrangierte Installationen den Raum. Aber vielleicht ist eben dies die ehrlichste Abbildung der gegenhaften Krise – wenn nicht von der Welt, so zumindest von der Kunst: In Ermangelung von Handlungsalternativen feiern wir die Abkehr von einer längst verlorenen Übersichtlichkeit.

WANN: Bis zum 23. September hat die Galerie täglich von 13 bis 17 Uhr geöffnet.
WO: KWADRAT, Manteuffelstr. 92, 10997 Berlin. Alles weitere hier.

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