As a matter of fact
Katrin Petroschkat

12. Dezember 2015 • Text von

Katrin Petroschkat zeigt im MaximiliansForum ihre Videoarbeit „As a matter of fact“, ein ästhetisches Spiel mit Substanzen und Aggregatzuständen, das den Grenzbereich zwischen Magie und (Al)Chemie ausleuchtet. Entstanden ist die Arbeit in Kooperation mit dem Zauberkünstler Timothy Trust und dem Helmholtz Zentrum München. Gallerytalk sprach mit der Künstlerin über eine Ästhetik der Wissenschaft, produktive Schnittstellen und Laboratorien.

Kühl und mechanisch, explosiv und lebendig – „As a matter of fact“ oszilliert zwischen dem sterilen Setting eines Labors und den polychromen Reaktionen, die dort entstehen. Der Magier im weißen Kittel führt ein in die gewöhnliche Laborsituation, die weitaus plastischer und bunter ist als zu erwarten wäre. Aufschäumende Flüssigkeiten, auffallende Farbwechsel und die Produktion von Schnee verleihen der Videoarbeit eine besondere visuelle Ästhetik. Was bleibt ist ein steter Zweifel darüber, ob Chemie, Magie oder das Medium Film all diese Experimente ermöglichten.

Ausschnitt Katrin Petroschkat - As a matter of fact, 2015, Video, HD, 8 Min.

Ausschnitt Katrin Petroschkat – As a matter of fact, 2015, Video, HD, 8 Min.

Gallerytalk: In deinem Film „As a matter of fact“ gibt es verschiedene Szenen, in denen Stoffe und Materien miteinander reagieren und so spannende und visuell ansprechende Fusionen entstehen. Was interessiert dich an der Verbindung Kunst und Wissenschaft?

Katrin Petroschkat: Ich finde es großartig als Künstlerin die Möglichkeit zu haben Orte, wie beispielsweise das Labor, zu besuchen und auf eine andere Art als die theoretische Einblicke in diese Bereiche zu bekommen. Ich kann mir einen Eindruck von der Materialität dieser Bereiche machen, Kleinigkeiten wahrnehmen, beobachten wie sich die Menschen vor Ort verhalten, wie sie arbeiten. Das finde ich sehr schön, denn es ist etwas, das ich als Künstlerin machen kann. Kunst und Wissenschaft passen gut zusammen, denn es geht auch um einen materiellen Aspekt, der sonst häufig in der Wissenschaft nicht allzu stark im Vordergrund steht.

Ein essentieller Aspekt des Videos ist die spezifische Ästhetik, die der Laborsituation mit all den Utensilien und Arbeitsmaterialen zugrunde liegt. Ist diese Ästhetik der Wissenschaft ein positiver Nebeneffekt der Arbeit im Labor oder war der ästhetische Kontext Ausgangspunkt des Videos?

Es war eine ganz bewusste Entscheidung für einen ästhetischen Film, der klar und reduziert sein sollte. Dementsprechend habe ich auch das Labor ausgewählt und lange kein geeignetes gefunden. Ich suchte ein Labor, in dem professionell gearbeitet wird, denn dort stehen Maschinen und Gegenstände, die wir nur oberflächlich wahrnehmen können. Als Außenstehende wissen wir nicht, was genau ihre Funktion ist. Doch deshalb wird ihre Oberfläche so interessant, weil sie alles ist, was wir wahrnehmen und verstehen können. Damit man der eigenen Wahrnehmung folgen kann, ist es wichtig, dass nichts ablenkt. So ist diese sehr reduzierte Ästhetik entstanden, in der die Gegenstände für sich wirken – sei es das Reagenzglas oder der Rührfisch.

Ausschnitt Katrin Petroschkat - As a matter of fact, Video, HD, 8 Min.

Ausschnitt Katrin Petroschkat – As a matter of fact, 2015, Video, HD, 8 Min.

Manche Effekte im Film sind Folge chemischer Reaktionen, manche sind Zaubertricks. Für den Betrachter ist der Unterschied nicht erkennbar, entweder er glaubt sich in einer echten Laborsituation zu befinden oder er muss über die Dauer des Films alles in Frage stellen. Was ist die Intention hinter diesem Spiel mit dem Zweifel?

Mir geht es darum, eine Kippsituation zu schaffen, in der man seine eigene Wahrnehmung in Frage stellt. Ich finde es wahnsinnig interessant, wie wenig wir eigentlich wissen und wie viel wir glauben – und wie wenig wir wiederrum wissen, dass es so ist. Wie können wir entscheiden, ob uns etwas erklärbar oder unerklärbar erscheint. Was für Möglichkeiten haben wir das festzumachen. Wir sind sehr stark von visuellen Codierungen abhängig. Grundsätzlich würde man auf einer Varieté-Bühne mit einem Zauberer immer glauben die Erklärung sei ein Trick, im Labor gehen wir vom Gegenteil aus. Man würde nicht erwarten, dass einem jemand einen Trick vorführt. Diese Undurchdringbarkeit der Situation, rein visuell oder wahrnehmbar, in der wir Schlussfolgerungen ziehen und entsprechende Erklärungsmodelle parat haben, finde ich interessant. Es ist diese leichte Schwäche in unserem Denken, die ich herausarbeiten wollte.

Der Film ist zum einen ein Kunstfilm, der in seinen einzelnen Sequenzen funktioniert, zum anderen jedoch einem übergeordneten Plot folgt. Die Hauptrolle spielt ein Laborant in der Funktion des Magiers bzw. ein Magier in der Funktion des Laboranten. Kannst du etwas über den Plot erzählen?

Die Narration, die über dem Film liegt ist an alchemistische Prozesse angelehnt. In diesen Prozessen spielen häufig Farbwechsel eine wichtige Rolle. Um beispielsweise Gold herzustellen, muss es schwarz werden, gelb werden, rot werden und dann wird es gold. Das habe ich als Narration übernommen. Die Flüssigkeit im Film ist zunächst weiß, sie wird rot, dann schwarz und letztlich ist dann da der Schnee. Die Sequenzen sind lose miteinander verbunden, zugleich war mir wichtig, dass es kein Anfang und kein Ende gibt. Die Arbeit war schon als große Projektion geplant, der Betrachter kommt irgendwann hinzu, weiß nicht an welchem Punkt er steht und erkennt auch nicht, wann es wieder von vorne beginnt.

Ausschnitt Katrin Petroschkat - As a matter of fact, 2015, Video, HD, 8 Min.

Ausschnitt Katrin Petroschkat – As a matter of fact, 2015, Video, HD, 8 Min.

Das Medium Film bietet die Möglichkeit mit Hilfe von Schnitten und Einstellungen Dinge sichtbar aber auch unsichtbar zu machen. Ist der Film das ideale Medium um Zauberei oder Magie abzubilden?

Jein. Für den Zauberer ist es sehr schwierig mit den Close Ups die Tricks schön zu präsentieren. Denn natürlich ist die allergrößte Kunst des Zauberers nicht die Technik, sondern die Art wie er mit seiner ganzen Körpersprache die Wahrnehmung lenkt. Die Close Ups auf die Hände zum Beispiel haben gezeigt, dass der Film zunächst nicht das beste Medium für die Magie ist, da er dem Zauberer nicht allzu viele Möglichkeiten lässt. Vieles wirkte zunächst unbeholfen und wir mussten verschiedene Einstellungen ausprobieren, bis uns die Bilder überzeugten. Zugleich jedoch ist das Video selbst auch ein Trickmedium, wie auch die Fotografie. Man hat den Rahmen, man sieht nicht was außerhalb des Rahmens geschieht und muss diesen Perspektiven glauben. So kann man leicht an der Nase herumgeführt werden. Das ist die Magie des Videos.

WANN: Die Ausstellung ist bis 17. Januar 2016 zu sehen.
WO: MaximiliansForum, Maximilianstraße 38, 80539 München

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